Digitalisierung im Gesundheitswesen – ein allgegenwärtiges Thema mit vielen Gesichtern
13.12.2022 10:07

Digitalisierung im Gesundheitswesen – ein allgegenwärtiges Thema mit vielen Gesichtern

Der exponentiell fortschreitende technologische Wandel der letzten zwei Jahrzehnte brachte ein enormes Potenzial für Unternehmen aller Branchen mit sich. Im Gesundheitswesen, eines der sensibelsten und zugleich systemrelevanten Bereiche, boten sich jedoch nicht nur zahlreiche Optimierungsmöglichkeiten. 

Zunehmende Systemkomplexität und Anforderungen, die mit modernen Prozessen Hand in Hand gehen, führten zu neuen Herausforderungen. Die Digitalisierung im Gesundheitswesen konfrontierte Arztpraxen und Dienstleister mit nie dagewesenen Aufgaben abseits ihrer Kernkompetenzen. 

Ohne Übertreibung kann von einer neuen Ära gesprochen werden, in der nun dieser digitale Wildwuchs in einen rechtlichen, kunden- und patientenfreundlichen, sowie für die betroffenen Dienstleister praktikablen Rahmen gefasst werden muss. 

Überspitzt formuliert, geht es um nicht weniger als die Digitalisierung der Gesundheit im wahrsten Sinne, die sämtliche Dienstleister und ihre Kernbereiche zusammenführt und gleichzeitig um neue, noch unbekannte Aspekte ergänzt. 

Inhaltsverzeichnis:

  • Praxisgründung für Ärzte und Therapeuten
  • Digitale Kompetenzen
  • Datenschutz im Gesundheitswesen
  • Digitale Arzt- und Zahnarztpraxen
  • Digitalisierung in Apotheken und der Pharmabranche
  • Herausforderungen und Chancen im Praxismarketing
  • Patientenbindung im Kontext der Digitalisierung
  • Patientenmanagement

Das hat in den vergangenen Jahren zu Herausforderungen geführt, die neue Schlüsselkompetenzen bei den einzelnen Akteuren, neue Prozesse, ja selbst eine andere Form der Kommunikation mit Patienten und Kunden erfordert. 

Die Praxisgründung – Vom Mediziner zum Unternehmer

Die Praxisgründung ist eine der ersten Meilensteine für Mediziner, nach Abschluss ihrer Fachausbildung. Sie verlangt den medizinischen Dienstleistern weit mehr ab als ihre fachliche Expertise. 

Klassische Aufgaben aus dem Unternehmertum nehmen einen Platz im Alltag ein und erfordern zeitliche und finanzielle Ressourcen. Neben Personalmanagement, Marketing und Kommunikation werden auch eine betriebswirtschaftliche Führung sowie Qualitätsmanagement zu Kernelementen einer erfolgreichen Arztpraxis. 

Relevante Aspekte und eine zielorientierte Herangehensweise für diesen Meilenstein bilden eine Checkliste für die Praxisgründung für Therapeuten und Mediziner. Speziell hinsichtlich Digitalisierung benötigt es plötzlich ein umfassendes Verständnis für Einzellösungen aus dem IT-Bereich, die Zusammenführung dieser zu einem operativen und effizienten System sowie die entsprechende Rechtssicherheit beim Einsatz dieser Lösungen. 

Digitale Kompetenzen – Grundstein einer modernen Arztpraxis

Nicht nur im Zuge der Neugründung, sondern längst auch für bestehende Arztpraxen ist die digitale Transformation ein allgegenwärtiges Thema mit weitreichender Bedeutung für den eigenen Erfolg. Wie eine Arztpraxis tatsächlich digitale Elemente in ihre Prozesse integrieren kann und wo diese Kosten und Effizienzoptimierungen bewirken können, hängt stark davon ab, wie sehr Sie als medizinischer Dienstleister, aber auch Ihre Mitarbeiter in digitalen Sphären denken. 

Wichtige Fragen können nur aufgrund von Interesse sowie Kenntnissen und Fähigkeiten im Digitalbereich gestellt werden. Über welche Kanäle können Zielgruppen und Patienten angesprochen werden? Welche Möglichkeiten der medizinischen Dokumentation gibt es und welche Systeme zum Management von Patientendaten und nicht zuletzt auch zur Lagerverwaltung existieren am Markt? 

Dass zu digitalen Kompetenzen auch Führungsqualitäten, Rahmenbedingungen und eine laufende Priorisierung gehören, lässt sich nicht gänzlich losgelöst von Digitalisierungsmaßnahmen behandeln. 

Datenschutz im Gesundheitswesen

Arzt mit Smartphone in den Händen

Digitalisierung geht im Regelfall immer mit der Verarbeitung von Daten innerhalb eines oder mehrerer digitaler Systeme einher. Ausreichende Kenntnisse über Datenschutz und in welchem Rahmen welche Informationen verarbeitet werden dürfen, zählen mittlerweile ebenso zu den digitalen Kompetenzen. 

Speziell im Gesundheitswesen sehen wir uns mit sensiblen Daten konfrontiert, die einen erhöhten Schutz vor dem Gesetz genießen. Als medizinischer Dienstleister mit Verantwortung über Gesundheitsdaten gilt höchste Achtsamkeit im Umgang mit diesen. 

Das Datenschutzgesetz (DSG) insbesondere die revDSG, die mit September 2023 in Kraft tritt als auch die DSGVO, die entsprechende Regelungen innerhalb der EU vorgibt. Das Wichtigste zu aktuellen und bevorstehenden Änderungen finden Sie über das spezifische Thema Datenschutz im Gesundheitswesen.

Rechtliche Rahmenbedingungen scheinen auf den ersten Blick häufig den Fortschritt zu blockieren, doch sind sie ein wesentliches Erfordernis zum beiderseitigen Schutz von Patient einerseits und medizinischen Dienstleistern andererseits. Die digitale Sicherheit zu wahren, vornehmlich in Hinblick auf die zukünftigen Entwicklungen im Gesundheitswesen.

Die digitale Zahnarztpraxis 

Ein Blick auf die Dentalmedizin gepaart mit den digitalen Möglichkeiten, die sich Zahnarztpraxen bieten, verrät, wohin die Reise gehen könnte. Welche Mittel stehen Zahnärzten zur Verfügung, wie verbessert sich dadurch die medizinische Versorgung für den Patienten, aber auch der Komfort für diesen? 

Von digitaler Online-Sprechstunde (auch Telemedizin genannt) über 3-Dimensionale Röntgenbilder bis zur vergleichsweise simpleren Online-Terminbuchung lassen sich organisatorische Abläufe, aber auch Behandlungsmöglichkeiten deutlich optimieren. 

Der Status quo mit einem Ausblick auf die nahe Zukunft ist generell für jeden Bereich, unabhängig von Branchen, einen Blick wert. Die digitale Zahnarztpraxis gehört an dieser Stelle aber mit Sicherheit zu den interessantesten Themengebieten, denn hier kommen neben den üblichen Patienten auch die Angstpatienten zu einem größeren Teil hinzu. Und auch sie finden Platz in der digitalen Transformation. 

Die Digitalisierung im Gesundheitsweisen geht jedoch noch weit über einzelne Arztpraxen und Spitäler hinaus, weshalb sich auch ein Blick auf aktuelle Entwicklung bei Apotheken lohnt. 

Digitalisierung in Apotheken und der Pharmabranche

Tatsächlich zählt die Pharmabranche inklusive der Apotheken zu den digital-affinen Branchen. Viele wesentliche Entwicklungen werden hier angestoßen oder laufen hier zusammen. Sie sind häufig auch erste Anlaufstelle vor einer ärztlichen Konsultation und ebenso nach dieser, sofern medikamentöse Behandlungen oder Heilbehelfe verordnet wurden. 

Durch Rezepte gibt es einen engen Berührungspunkt zu den Arztpraxen und den Kassen zwecks Verrechnung, womit seit jeher hohes Potenzial für digitale Schnittstellen gegeben ist. Auch über die klassische Lagerverwaltung ist man mit Medikamentenrobotern bereits weit hinaus und der online Vertrieb von Medikamenten ist nur eine Frage der Zeit. 

Die Entwicklung und Vorreiterrolle in der Digitalisierung der Pharmabranche betrachtet Dominik Saner im Experteninterview und spricht derweil über den Weg zur Onlineapotheke in der Schweiz und über Onlinepräsenzen und Erwartungen der heutigen Generation gegenüber einem medizinischen Dienstleister.

Praxismarketing – Die Aufmerksamkeit von Patienten

Marketing unterliegt unabhängig von der Branche einem stetigen Wandel. Methoden, die vor einigen Jahrzehnten noch funktionierten, werden heute belächelt und so wird auch der Kampf um die Aufmerksamkeit von Patienten immer härter. 

Die stark erhöhte Nutzung von Onlinemedien und die heutige Akzeptanzschwelle für Werbebotschaften erfordert eine weitaus dezentere Ansprache von Patienten. Vertrauen und Transparenz sowie hoher Komfort stehen im Mittelpunkt für jüngere Generationen. 

Diese Form der Kommunikation sieht sich im Gesundheitswesen aufgrund der benötigten sensiblen Daten häufig mit Einschränkungen konfrontiert. Umgekehrt bergen neue Kanäle und Onlineservices enormes Potenzial und Mehrwert für ihre Nutzer:innen. 

Marketing-Expertin Sarafina Eckert teilt ihre Sichtweise über Herausforderung und Chancen im Praxismarketing und findet, dass die Ansprache von Patient:innen nie so wichtig gewesen ist, wie heutzutage. Welche Teildisziplinen im Praxismarketing relevant sind, welche rechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten sind, welche Fehler im Marketing begangen werden und wann Marketing zum Win-Win für Patient:innen und Ärzt:innen wird, verrät sie in einem ausführlichen Interview.

Eckert: “Unternehmen mussten immer schon eine wirtschaftliche Betrachtungsweise und Methodik an den Tag legen, um professionelles Marketing zu betreiben und erfolgreich zu sein. Diese effizienzgetriebene Sichtweise macht jedoch auch vor dem Gesundheitswesen nicht halt und erfordert aktives Handeln, um Patienten an die einzelnen Dienstleister zu binden”.

Patientenbindung durch Digitalisierung

So wie eine Teildisziplin im Marketing die Kundenbindung ist, gilt es auch für medizinische Dienstleister, ihre Patienten an sich zu binden. Gerade weil es sich hier um einen sehr sensiblen Bereich handelt, ist die Vertrauensgewinnung essenziell. 

Patienten bleiben nicht Patient:innen, wenn sie sich nicht gut aufgehoben fühlen und hier spielt weit mehr als die fachliche Kompetenz eine Rolle. Auch die Gewinnung der Aufmerksamkeit und eine gewisse Präsenz sind erforderlich, um weiterhin die erste Wahl für bestehende Patienten zu bleiben. 

Aus dem Blickwinkel des Marketings heraus wird eine solche Bindung strategisch und über jeden erfolgten Patientenkontakt hinweg aufgebaut. Die Patienten an sich zu binden - aufgrund eines positiven Praxiserlebnisses und welche Rolle Digitalisierung dabei spielt, das ist mittlerweile eine der großen Herausforderung für Dienstleister im Gesundheitsweisen. 

Von der Kommunikation beim Erstkontakt bis zur Nachbetreuung im Anschluss an eine Behandlung gibt es zahlreiche Möglichkeiten für Arztpraxen, einen vertrauensvollen, transparenten und professionellen Eindruck bei ihren Patienten zu hinterlassen. Eine Möglichkeit besteht im Einsatz von Softwarelösungen,  welche  Patientendaten verwalten und die einzelnen Kommunikations- und Behandlungsschritte und zugehörigen Prozesse sauber abbilden können.  Das verschafft übrigens auch den Mitarbeiter:innen in größeren Teams eine enorme Entlastung, da Patient:innen bspw. nicht mehr dazu gezwungen sind, zu den Arbeitszeiten anzurufen, sondern sich ohne viel Aufwand online einen Termin eigenständig zu buchen.

Patienteninformationssysteme für optimierte Prozesse im Gesundheitswesen

Eine für Arztpraxen maßgeschneiderte Software zur Speicherung, Verarbeitung und effektiven Nutzung von Patientendaten bilden sogenannte Patienteninformationssysteme (PIS). Abhängig vom gewünschten Funktionsumfang können hier die Daten vom Erstkontakt mit einem Patienten bis hin zur Nachbetreuung erfasst werden. 

Sensible medizinische Daten über die Behandlung können dokumentiert, Termine mit Patienten verwaltet und Erinnerungen sowie automatisierte Benachrichtigungen für Folgetermine, Medikamentenverschreibungen und dergleichen avisiert werden. 

Das Angebot an Lösungen ist hier bereits breit gefächert, weshalb eine informative Übersicht über die stärksten Anbieter von Patienteninformationssystemen den Startpunkt für die zukunftsweisende Wahl eines solchen Systems hilfreich ist.

Digitalisierung erfordert Strategie

Ärztin in Labor

Längst ist Digitalisierung kein undefiniertes Schreckgespenst für Unternehmen mehr. Sie hat konkrete Formen angenommen und entwickelt sich stetig weiter, weshalb es für Dienstleister im Gesundheitswesen eine Kernaufgabe sein muss, die unterschiedlichen Aspekte zu kennen. Das Tempo des technischen Fortschritts verschont kaum eine Branche und kaum einen Geschäftsbereich. 

Beginnend bei der Gründung einer Arztpraxis und ihrer Organisation, verändert die Digitalisierung auch die Kommunikation mit Patienten und anderen medizinischen Dienstleistern. Sie verändert die Art und Weise, wie Menschen medizinische Konsultation suchen, Ärzte finden, Termine buchen, aber auch ihre Erwartung gegenüber der Betreuung nach erfolgter Behandlung. 

Und nicht zuletzt verändern sich auch die medizinischen Möglichkeiten und Geräte, die idealerweise mit Patienteninformationssystemen kommunizieren. All das muss in einem rechtlichen und technischen Rahmen umgesetzt sein, der die Verarbeitung von sensiblen medizinischen Daten sowie persönlichen Informationen von Patienten schützen kann. 

Um das zu ermöglichen, benötigt es einerseits die Kenntnis über die oben genannten Bereiche der Digitalisierung und andererseits digitale Kompetenzen beim Personal innerhalb der gesamten Branche. Fortbildung, Schwerpunkte bei der Personalauswahl und das Zuschalten externer Expertise werden unumgänglich und stellen neben den medizinischen Kompetenzen eine zusätzliche Herausforderung für Dienstleister im Gesundheitswesen.

 

Titelbild von Alexander Sinn. Weitere Bilder von Nordwood Themes und Ani Kolleshi.